Das Labor
für Performance und postdramatisches Agieren ist im TQW
zu Gast. Das Spezifikum dieser im November 2000 initiierten Serie von
Laboratorien ist eine Austauschpraxis, eine Kooperation von PerformerInnen,
MusikerInnen/SoundgestalterInnen, bildenden KünstlerInnen, Kunst-
und KulturtheoretikerInnen, PhilosophInnen und TheaterwissenschaftIerInnen,
in der die TeilnehmerInnen von einander Impulse erhalten und neue Ansätze
erproben. Eine direkte Verbindung von Kunstpraxis und Theorieproduktion
ist intendiert. Austausch und Research stehen im Vordergrund. Es wird
keine Produktion erarbeitet, sondern Skizzenhaftes, Prozeßhaftes, an dem
die BesucherInnen in unterschiedlicher Form partizipieren können, wird
zu bestimmten Terminen öffentlich gemacht, und zwar unter der Prämisse
des "pay as you wish"- Eintritts.
In Labor
für Performance und postdramatisches Agieren 3.2 kommt es zur Weiterführung
der im Jänner 2002 Im_flieger / WUK begonnenen Auseinandersetzung mit
Texten von Hannah Arendt und Maurice Merleau-Ponty. Die bildende Künstlerin
und Kunsttheoretikerin Michaela Pöschl sowie die Performerin Sabine Sonnenschein
bringen ihre im Jänner gemachten Erfahrungen in den Laborprozess im TQW
ein, an dem auch die Tanztheoretikerin Nicole Haitzinger, der Performer
Martin Nachbar und der Philosoph Stefan Nowotny teilnehmen.
Hannah Arendts Einfordern von Öffentlichkeit, ihr Hervorheben des Erscheinungsraumes,
der zwischen Menschen entsteht, indem sie handeln und sprechen, sowie
ihre metaphorische Verwendung der Begriffe Theater, AkteurIn, ZuschauerIn
sind für (Tanz)performance von Interesse. In "Das Denken" faßt Arendt
die Welt als eine erscheinende und bezieht sich auch direkt auf den Phänomenologen
Maurice Merleau-Ponty, dessen Text "Die Verflechtung - der Chiasmus" und
der darin enthaltene Begriff "Fleisch" ebenso im Zentrum des Labors stehen.
"Das
Handeln ist die einzige Tätigkeit der Vita activa, die sich ohne die Vermittlung
von Materie, Material und Dingen direkt zwischen Menschen abspielt."1
(..) "Dies räumliche Zwischen ist der Erscheinungsraum im weitesten Sinne,
der Raum, der dadurch entsteht, daß Menschen voreinander erscheinen, und
in dem sie nicht nur vorhanden sind wie andere belebten oder leblosen
Dinge, sondern ausdrücklich in Erscheinung treten."2
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1)
Hannah Arendt, "Vita Activa",Piper, 2001, S.17
2) ebd., S.250
Dieses
Projekt - eine Kooperation mit dem TQW - kann durch Unterstützung
von Wien Kultur realisiert werden.
Labor
für Performance und postdramatisches Agieren 3.2
TeilnehmerInnen:
Nicole
Haitzinger:
*1976, Salzburg / A
Tanztheoretikerin, Theaterwissenschaftlerin.
1994-2000 Studium der Theaterwissenschaft an der Universität Wien und
der Publizistik und Kommunikationswissenschaften (Spezialgebiet Öffentlichkeitsarbeit
und Werbung); Diplomarbeit mit dem Titel: Real-Time Composition, ein Kunstforschungsprojekt
im Grenzfeld von Theater, Performance und Tanz. Seit Herbst 2000 Doktoratsstudium
und Dissertation, Dissertationsgebiet: Theaterwissenschaft (Arbeitstitel:
Versuch einer Phänomenologie der europäischen Tanzperformance - Terminologie
Körper - Raum - Zeit), Spezialisierung auf Tanzwissenschaft. Herbst 2001:
Forschungsstipendium für wissenschaftliches Arbeiten bei Prof. Dr. Claudia
Jeschke an der Abteilung Tanzwissenschaft der Universität Köln.
Projekte:
1999: Wissenschaftliche Beobachterin und Recherche für das europäische
Kunstprojekt "Real-Time-Composition", organisiert von Re.al in Lissabon,
im Rahmen der Diplomarbeit (als Stipendiatin).
1999: Projektorientierte Mitarbeit beim Verein T Junction Gegenwartstanz
und Performance (Projekt von Nigel Charnock, Hospitanz beim Projekt von
Joao Fiadeiro).
2000: Tutorin an der Universität Wien/ Institut für Theaterwissenschaft
bei Univ. Ass. Mag. Fuxjäger 2001: Betreuung des Projektes "Black Honey
Drops", einer Kooperation von Akemi Takeya und Ko Murobushi (ImpulsTanz
Festival, Museumsquartier, Wien).
2001: Begleitung und Dokumentation der Choreographischen Werkstatt "Thought,
Poetry and Body in Action" von Vera Mantero bei Tanz im August in Berlin.
November 2001: Dokumentation und wissenschaftliche Begleitung des Researchprojektes
"Autorschaft" mit Liz King, Philipp Gehmacher und Pilot tanzt im Tanzquartier
Wien
Martin
Nachbar:
*1971, Düsseldorf / D
Performer.
1992-1996 Studium an der SNDO (Amsterdam) mit Diplomabschluß. 1995 Studien
und Performances in New York.
1996 Performer in "eat, eat, eat" von Hans van der Broeck mit Les Ballets
C. de la B. / Gent.
1997-1998 Performer in "better a blip than a blop" von Martin Butler für
das National Ballett in Amsterdam. Erarbeitung von "undressed" und "photographic
memory"; beide Performances werden erstmals in Amsterdam gezeigt; Erarbeitung
von "corrupt patience", performance installation, gezeigt in der Gallerie
"UI" / Amsterdam.
1998 -1999 Studium bei PARTS / Brüssel.
1999
Performer in "aviation/abreviation" von Schiyo Takahashi in Antwerpen.
Er wird Teil von B.D.C.; gemeinsame Arbeit an "events for television (again)"
von Tom Plischke und B.D.C. 2000 Erarbeitung von "ReKonstrukt" (Premiere
im LOFFT, Leipzig). Rekonstruktion von Dore Hoyers "Affectos Humanos"
für "affects/rework" von Joachim Gerstmeier, Martin Nachbar und Tom Plischke
(Premiere im Mousonturm, Frankfurt).
2001 Performer in "re(sort)" von Tom Plischke.
Stefan
Nowotny :
*1968, Salzburg / A
Philosoph.
Lebt in Brüssel und Wien. Abgeschlossenes Diplomstudium der Philosophie
an der Universität Wien, Doktoratsstudium an der Universität Wien. Arbeitet
zurzeit an der Universität Loewen (Louvain-la-Neuve), Belgien.
Seine Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte sind: kritische Untersuchung
des Diskurses über "Kultur", Kulturalismus- und Rassismustheorie, Theorie
des archivarischen "Gedächtnisses", politische Theorie, Phänomenologie.
Co-Herausgeber der Bände Michel Henry. Zur Selbsterprobung des Lebens
und der Kultur (gem. mit Rolf Kühn, erscheint 2002 bei Alber) und Mythos
Kultur (gem. mit Michael Staudigl, erscheint 2002 bei turia+kant); verschiedene
Artikel in philosophischen Publikationen und Zeitschriften (Falter, Kultur-Risse,
Kultur, Triebwerk etc.); Vorträge in akademischen, Kunst- und Erwachsenenbildungsinstitutionen;
Koorganisation und -konzeption von Forschungsseminaren an der Universität
Wien; freie Kulturarbeit und theoretische Mitarbeit an Kunstprojekten
(z.B. Vortragsperfomance gem. mit der Sängerin Agnes Heginger im Rahmen
der Veranstaltung "rushhour" an der Kunsthalle Wien, 1997, Grundlagen-
und Konzeptionsarbeit für das Filmprojekt "Altes Haus. Szenen einer Erinnerung"
von Friedemann Derschmidt, Premiere wahrscheinlich 2002); politisch-aktivistische
Arbeit im Rahmen der Projekte "gettoattack" und "Wiener Wahl Partie".
Gründungsmitglied der School for Theoretical Politics, Wien, in diesem
Rahmen Leitung des Workshops "Zero Point der Politik" an der Wiener Akademie
der bildenden Künste, 2001 (gem. mit Boris Buden), sowie Konzeption und
Organisation des Symposiums "Cultural Touch" im Rahmen der Wiener Festwochen,
2001 ("du bist die welt", Künstlerhaus Wien, gem. mit Boris Buden und
Oliver Marchart).
Michaela
Pöschl:
*1970, Neunkirchen / A
Kunsttheoretikerin, bildende Künstlerin.
Lebt in Wien. 1990-1999 Universität Wien, Studium der Kunstgeschichte,
Spezialgebiete: Body Art, Avantgarde-Film. 1995-96 University of California
Los Angeles, Exchange Student, Arbeit mit Paul McCarthy, Amelia Jones
und Peter Sellars. Seit Okt 2000 Studium von Film/Video bei Birgit Hein
an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Seit Okt 2001 Studium
bei Renee Green an der Akademie für Bildende Künste Wien.
Publikationen: "Der Körper muss hart sein / I tense the muscles in my
stomach till I puke", in: Swamp Journal, Hg. Helmut Ploebst, Zusammenarbeit
mit Meg Stuart/Damaged Goods, Wiener Festwochen und tanz2000.at, Wien
2000.
"Kurt Kren. Die Aktions-Filme. Schnitt und Perversion", Tectum Verlag,
Marburg, Herbst 2000. "Lets make it Halloween. Get out your knife, carve
me like a pumpkin and then lets fuck. Thoughts on the flesh of Kurt Kren,
Paul McCarthy and Ron Athey, in: Kurt Kren, Ausstellungskatalog, Galerie
Julius Hummel, Wien 1998.
Performances in u.a. der Richard Heller Gallery und der CalState Fine
Arts Gallery (1996), in dietheater Konzerthaus (1997) und dietheater Künstlerhaus
(2000).
Videos: u.a. "Der Schlaf der Vernunft" (1999), "Ich bin der letzte Dreck"
(2000), Ausstellung/Exhibition (2001).
Sabine
Sonnenschein:
*1970, Klosterneuburg / A
Choreographin, Performerin.
Studium der Theaterwissenschaft neben Philosophie und Kunstgeschichte
in Wien, nicht abgeschlossen.
Tanz- und Performanceausbildung: Contemporary Dance, Klassisches Ballett,
Contact Improvisation, Release Techniques, Developmental Movement, Physical
Theatre sowie Stimmarbeit (u.a. bei David Steele, Zvi Gotheiner, Andrew
Harwood, Donna Uchizono, Jeremy Nelson, Shelley Senter, Gill Clarke, Wendell
Beavers, Lloyd Newson, Meg Stuart, Meredith Monk). Studienaufenthalt in
NYC 1994/95, gefördert vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung
und Kunst / Österreich. 1995 Teilnahme am European Choreographic Forum
4 in Dartington/GB, organisiert vom Butterfly Effect Network. Mitglied
dieses Networks. 1996 Teilnahme am Choreodrome/The Place Theatre in London
gem. mit Annis Joslin/GB. 1999 Preis »The Wind« - for innovative and experimental
features given to the body - anläßlich des »5th PUF Pula International
Theatre Festival«, Pula/Kroatien für die Produktion »EXEO«.
Eigene Arbeiten seit 1992; Performances u.a. bei internationalen Festivals,
wie »Im Puls Tanz« (Wien), »imagetanz« (dietheater Künstlerhaus, Wien),
»neuer tanz« (WUK, Wien), «Tanzsprache« (WUK, Wien), »kostprobe« (Tanztendenz,
München), »Sprachen des Körpers« (Stuttgart), »4+4 Days in Motion« (Prag),
»5th PUF International Theatre Festival« (Pula; Croatia), »Solo Dance
2001« (St.Petersburg); außerdem in der »Knitting Factory« (NYC) sowie
im "Alten Stadthaus" (Berlin; im Rahmen einer Kooperation). Initiatorin
des Labors für Performance and postdramatisches Agieren.
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