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1, 2, 2.2, 3.1, 3.2, 4
2000-2003

Sechs Laboratorien in drei Jahren


von Sabine Sonnenschein

I.

Im Jahr 2000 zeugte Wiens breitgefächerte Tanz- und Performanceszene von Fülle und doch ließ sich ein eklatanter Mangel feststellen: Es fehlte an analytischer Auseinandersetzung mit den Arbeiten durch Texte in Fachmagazinen und auf Websites, an Diskurs über die Projekte und die Kontexte, die für sie maßgeblich sind. Es mangelte an Diskurspraxis und theoretischen Hintergründen, selbst unter KünstlerInnen fand Austausch über die Arbeit in geringer Form statt.
Das Trainingsprogramm T Junction existierte nicht mehr und das Tanzquartier Wien noch nicht.
Eine kritische Hinterfragung und Weiterentwicklung performativer Kunst benötigt allerdings Research, Experimente und Versuche, die im auf Auslastungszahlen und Abendeinnahmen ausgerichteten Veranstaltungsbetrieb kaum Platz finden können.
So schufen sich im diesem Jahr die rund 25 Freien Gruppen der ttp (tanztheaterperformance WUK) einen Raum für die Veröffentlichung von Versuchen, Experimenten und Skizzen, indem sie einen ihrer Proberäume adaptieren: Im_flieger entstand als Projekt der auf Selbstverwaltung und Basisdemokratie aufbauenden Struktur ttp, die über drei Proberäume und einen Büroraum im WUK verfügt. Sie ermöglichte den Umbau des Raumes Flieger und die Organisation von maximal fünf Veröffentlichungen pro Monat; zunächst gab es keine Kuratierung, sondern freien Zugang für alle in diesem Terrain Arbeitenden. Ab 2002/2003 werden Im_flieger auch sogenannte Vernetzungsprojekte realisiert, bei denen Im_flieger Honorare ausbezahlt; das nunmehr von Anita Kaya und Sylvia Scheidl künstlerisch geleitete Projekt Im_flieger wird zum Koproduzenten. Die Möglichkeiten und Problematiken dieser Dimension werden derzeit ausgelotet.


II.

Im November 2000 gab es im Rahmen von Im_flieger mit do your solo & join the group - Labor für Performance und postdramatisches Agieren 1 einen ersten Versuch den Austausch zwischen Performance, Philosophie, Performance- und Kunsttheorie sowie Musik voranzutreiben.
Von 2001 bis 2003 folgten Labor für Performance und postdramatisches Agieren 2, 2.2, 3.1, 3.2 sowie 4; diese Laboratorien waren Experimente in mehrfacher Hinsicht:

Erstens arbeiteten die Laboratorien an der Hinterfragung performativer Kunst und versuchten sich im postdramatischen Agieren:
Postdramatisches Agieren bedeutet Agieren in postdramatischen Kontexten insbesondere in Form von transversalen Praxen, die über das Feld der Performance hinausgehen, aber performativer oder afformativer 1 Art sein können.
Postdramatisches Agieren vollzieht sich im öffentlichen und politischen Handeln 2 als intersubjektive Praxis in einem menschlichen Bezugsgewebe.
Postdramatisches Agieren versucht sich in Formen, in denen sich die Übergänge zwischen Agierenden und Rezipierenden fließend gestalten und innerhalb derer die BesucherInnen den Rahmen des Geschehens selbst für sich zu klären suchen und aktiv werden. Zum Teil können diese Formen auch als partizipatorisch bezeichnet werden.
Wird in dramatischen Kontexten eine Handlung dargestellt, so wird in postdramatischen Kontexten gehandelt.

Zweitens hat sich in der Labor-Serie eine Entwicklung von einer Interdisziplinarität, im Sinne einer Verbindung von Punkten in verschiedenen Feldern (wie Performance, Philosophie, Performancetheorie, Kunsttheorie, politischer Aktivismus bzw. Politik, Musik) zu einer Transversalität vollzogen. PerformerInnen, MusikerInnen und bildende KünstlerInnen über ihre Arbeit zur Reflexion, zum Austausch mit anderen anzuregen, sie mit zeitgenössischen Theorien, die für performative Kunst von Relevanz sind, zu konfrontieren, war ein wichtiges Anliegen der Labor-Serie. Für die PhilosophInnen, TheaterwissenschaftlerInnen, Performance- und KunsttheoretikerInnen ging es um den Versuch der Theorieproduktion in direkter Anbindung an die Kunstpraxis.
Zu Beginn der Serie war die Referenz der Praxis primär (Tanz)performance in ihrer historischen Entwicklung und möglichen Weiterentwicklung, in weiterer Folge waren in gleichwertiger Art und Weise die Bezüge zur Philosophie präsent; Performance- und Kunsttheorie, politischer Aktivismus und Musik waren als Referenzen nicht immer ebenso bedeutsam.
Labor für Performance und postdramatisches Agieren 4, der Abschluss der Labor-Serie, war in jedem Fall ein transversales Projekt, in dem die Praxis etwas entstehen ließ, das in sich über die Felder hinausging und das Potential hat, in den Feldern (im Falle von Labor 4 waren das das Feld der Performance, das der Philosophie, das der Performancetheorie und das des politischen Aktivismus bzw. der Politik) etwas zu verschieben bzw. möglicherweise die Felder zu transformieren.
Inwieweit eine Kontamination der Felder durch unsere Praxis de facto möglich ist, inwieweit die Arbeit in diesen überhaupt wahrgenommen wurde, ist freilich eine Frage, die an dieser Stelle gestellt werden darf. Vielleicht kann nur die wiederholte Kontamination eine Transformation hervorrufen, vielleicht müssen die Laborviren mehrmals übertragen werden.

Drittens war in Labor 4 die Thematisierung von Öffentlichkeit mit der Hinterfragung von Rezeptionskonventionen bei performativen Kunstformen verbunden.
Der Idee, dass alle Menschen frei und gleich seien und daher ein gleiches Recht auf gleiche Grundfreiheiten haben, folgend, wäre der öffentliche Diskurs einer, an dem alle teilhaben können. Das Konzept Öffentlichkeit geht also von universalistischen Prämissen aus und muss daher in ständiger Konstitution oder auch "im Kommen" bleiben. Die Grenze von Öffentlichkeit wird durch Ausschluss markiert. Was nicht öffentlich verhandelt wird, ist privat.
Um an einem öffentlichen Diskurs teilhaben zu können, sind immer gewisse Prämissen zu erfüllen; wer diese nicht erfüllt, ist ausgeschlossen. Solche Prämissen sind z.B. das Beherrschen einer bestimmten Sprache, Mobilität, Gesundheit, es sich leisten zu können, Eintritt zu bezahlen, Interesse an Kunst, Politik u.a., Zeit für Kunst, Politik u.a., ein Internetanschluss, ein Radioapparat etc.
Mittels des Versuchs, den gesamten Laborprozess öffentlich zu machen, wurde an den Grenzen von Öffentlichkeit gearbeitet.
Die Versuchsanordnungen in Labor 4 waren Formen, die mit einer Öffentlichkeit ohne Marktwert verbunden waren: One-to-one Termine, Versuchsanordnungen, an denen die BesucherInnen jeweils teilnehmen konnten, im Studio Flieger, im öffentlichen Raum, im Tanzquartier Wien (TQW) , im Rahmen von Soho in Ottakring. Eine Website informierte während des gesamten Labors über die Versuchsanordnungen und den Arbeitsprozess. In Anbindung an das Labor entstand via WUK Radio eine Sendung für Radio Orange 3. Die Dokumentation des Labors, in Form von Texten und Video, soll Anfang 2004 öffentlich präsentiert werden.
Am Labor teilzuhaben, war stets kostenlos möglich.
In Labor 4 wurde mit sehr unterschiedlichen Arten von Öffentlichkeit, die den Rezeptionskonventionen des gängigen Performancepublikums nicht entsprechen, gearbeitet.

Viertens basierten die Laboratorien auf die Zusammenarbeit in einer heterogenen Gruppe, in einer Art Kollektiv, wobei hier freilich auch die politische Dimension dessen von Bedeutung ist.
Was ist strukturell vonnöten, um ein hierarchieloses produktives Kollektiv entstehen zu lassen?
Arbeit im Team, für die ein Vertrauensverhältnis vorauszusetzen ist, erscheint nur möglich zu sein, wenn die TeilnehmerInnen einander kennen oder der Austausch sich in der Vorbereitung des Labors bereits intensiv und produktiv gestaltet. Eine längere Dauer des Projektes scheint einer Vertiefung des Austausches Rechnung zu tragen. Dass ein Labor nicht mehr als vier bis fünf TeilnehmerInnen umfasst, dürfte aus der Erfahrung mit der Labor-Serie zu schließen auch günstig sein.
Die Fachkompetenzen der einzelnen TeilnehmerInnen sollten jeweils eingebracht werden können, ohne dass es für die TeilnehmerInnen zu einer Beschränkung auf eine bestimmte Rolle kommt; bereichernde Verschiebungen in den Rollen waren intendiert.
Die einzelnen Laboratorien wurden jeweils von allen TeilnehmerInnen gemeinsam getragen.
Neun TeilnehmerInnen waren nur in ein Labor involviert, sieben jedoch an zwei oder mehr Laboren beteiligt und damit für die Weiterentwicklung der Serie maßgeblich.
Insbesondere war aber die Initiatorin der Labore für die Weiterentwicklung der Serie verantwortlich; da sie jeweils den Rahmen organisierte, die TeilnehmerInnen einlud und auch an allen Laboren selbst teilnahm.

Fünftens zeichnet sich die gesamte Labor-Serie durch ein Hinterfragen der Bezüge und Wechselwirkungen zwischen gesprochener und geschriebener Sprache einerseits und körperlicher Bewegung bzw. Tanz andererseits aus. Das erfolgte via Auseinandersetzung mit philosophischen und kunsttheoretischen Texten, mittels Versuchsanordnungen, in denen mit Bewegung, gesprochener Sprache und Textproduktion gearbeitet wurde, und via Dokumentation der Arbeit durch Texte der TeilnehmerInnen.
In den Versuchsanordnungen wurden Verschiebungen und Brüche erzeugt, um der Hierarchie zwischen verbaler Sprache und Text einerseits und Körper andererseits entgegenzuwirken.
Erst in einer Versuchsanordnung in Labor 4, die bei der Deleuzianischen Fassung des von Antonin Artaud stammenden Begriffes organloser Körper (oK) 4 ansetzte und in der versucht wurde, einen kollektiven oK, einen horizontalen Körper ohne hierarchischer Organisation zu schaffen, schien es zu gelingen, die hegemoniale Rolle der gesprochenen und geschriebenen Sprache zu brechen. Es wurde hier von Grundelementen der Technik der Contact Improvisation ausgegangen, d.h. Rollen mit Abgabe von Gewicht auf den Boden oder auf einen anderen Körper und Berührung. In der Versuchsanordnung wurde dann jeweils eine spezifische Thematik bewegungsmäßig sowie schreibend - der Text wurde via Beam auf eine Wand projiziert - und sprechend verhandelt. In diesem Setting kam es wiederholt zur Produktion von dadaesken Gesprächen und Texten und daher schien die verbale Sprache und der Text gleichwertig neben der Bewegung stehen.


Die strukturelle Entwicklung der Labor-Serie dürfte anhand folgender basaler Daten ersichtlich werden:
An Labor 1 waren acht TeilnehmerInnen beteiligt, nämlich Andrea Bold (Performerin), Jack Hauser (Performer), Anita Kaya (Performerin), Amadeus Kronheim (Performer, Soundgestalter), Gerald Raunig (Philosoph, Kunsttheoretiker), Isolde Schober (Performerin), Sabine Sonnenschein (Performerin) und Katherina Zakravsky (Philosophin, Kulturtheoretikerin, Performerin). Solo- und Gruppenimprovisation wurde thematisiert: Alle TeilnehmerInnen lieferten Textinputs im Vorfeld. Es fand ein Vorbereitungstreffen und eine gemeinsame Laborperformance in Form einer Improvisation statt.
Bei dem um einiges zeitintensiver angelegten Labor für Performance und postdramatisches Agieren 2 sowie 2.2 im März bzw. im Juni 2001 jeweils mit Boris Hauf (Soundgestalter), Sabina Holzer (Performerin), Marty Huber (Theaterwissenschaftlerin), Gerald Raunig (Philosoph) und Sabine Sonnenschein (Performerin) wurde die Anzahl der TeilnehmerInnen auf fünf reduziert. Texte von Gilles Deleuze, Ernesto Laclau/Chantal Mouffe und Gerald Raunig wurden als Quellen für eine Auseinandersetzung mit "Differenz und Wiederholung", "Antagonismus" und "Grenze" verwendet. Die Diskussion über Theoreme war der Ausgangspunkt für performative Improvisationsarbeit. Labor 2 wurde mit einer öffentlichen performativen Skizze abgeschlossen, Labor 2.2 - an zwei aufeinanderfolgenden Abenden - mit zwei öffentlichen performativen Skizzen, in denen Formen von Repräsentation in Frage gestellt, verschoben und überlagert wurden.
Der Ausgangspunkt des innerhalb von zwei Wochen im Jänner 2002 stattfindenden Labors für Performance und postdramatisches Agieren 3.1 mit Boris Hauf (Soundgestalter), Sabina Holzer (Performerin), Heike Oehlschlägel (Theaterwissenschaftlerin), Michaela Pöschl (bildende Künstlerin, Kunsttheoretikerin) und Sabine Sonnenschein (Performerin) waren Texte von Hannah Arendt und Maurice Merleau-Ponty:
Arendts Einfordern von Öffentlichkeit und ihr Hervorheben des Erscheinungsraumes, der zwischen Menschen entsteht, indem sie handeln und sprechen, dürften für den Diskurs über Performance und postdramatisches Agieren von Interesse sein. In "Das Denken" fasst Arendt die Welt als eine erscheinende und bezieht sich auch direkt auf den Phänomenologen Maurice Merleau-Ponty, dessen Text "Die Verflechtung - der Chiasmus" und der darin enthaltene Begriff des "Fleisches" ebenso im Zentrum des Labors standen.
Basierend auf Diskussionen fanden Improvisationen, an denen z.T. auch die TheoretikerInnen teilnahmen, statt. Täglich wurde auch ein gemeinsames Körpertraining durchgeführt. Es kristallisierten sich einige Elemente als Material heraus, mit dem in Jams frei umgegangen wurde. Die beiden öffentlichen Termine umfassten jeweils solch eine Jam sowie nach einer Pause ein Gespräch über die Inhalte des Labors in Form einer Diskussion der Anwesenden.
Labor für Performance und postdramatisches Agieren 3.2 wurde mit Nicole Haitzinger (Tanztheoretikerin, Theaterwissenschaftlerin), Martin Nachbar (Performer), Stefan Nowotny (Philosoph), Michaela Pöschl (bildende Künstlerin, Kunsttheoretikerin) und Sabine Sonnenschein (Performerin) im April 2002 in Kooperation mit dem Tanzquartier Wien realisiert. Die Auseinandersetzung mit Texten von Arendt und Merleau-Ponty gestaltete sich hier völlig anders als im Jänner. Arendt bezeichnet körperliche Bedürfnisse und Empfindungen als äußerst privat, sie zieht eine klare Grenze zwischen der politischen Öffentlichkeit und dem Privaten. Die Frage danach, welche Rolle der Körper im Politischem spielt, war in diesem Labor zentral.
Um der Frage nach politischer Artikulation via Körper nachzugehen, hat das Labor-Team rund um die Demonstration von Neonazis gegen die Wehrmachtsaustellung am 13.4.2002 am Heldenplatz sowie die Gegendemonstration unter dem Titel "Verhindert den Nazi-Aufmarsch" Interviews geführt und Videoaufnahmen gemacht. Auf der Suche war das Team nicht nach den platten Stereotypen in der körperlichen Erscheinung, die eine klare Zuordnung mit sich bringen, sondern nach Verschiebungen, nach Gesten, die mit dem Gesprochenen nicht korrelieren, bzw. dieses relativieren. Bei den öffentlichen Terminen am Ende des zweiwöchigen Labors wurden Gespräche mit den BesucherInnen geführt, die politische Artikulation via Körper, Privatheit und Öffentlichkeit des Körpers, den Körper als Vorgabe des Ichs, das berührt und berührt wird, thematisierten und sich auf die Ereignisse am 13.4.2002 bezogen. Die Gespräche fanden im TQW und um den Heldenplatz statt, wobei die Erinnerung an die intensive körperliche Erfahrung der Demos durch das Wiederaufsuchen des Heldenplatzes aktiviert wurde und mit PassantInnen vor Ort Gespräche über den 13.4. geführt wurden.
Ausschließlich in Labor 3.2 entwickelte sich eine die Arbeit stark erschwerende Gruppendynamik . Die Initiatorin folgerte aus dieser Erfahrung, dass, so kein Vertrauensverhälnis vorausgesetzt werden kann, ein produktives Miteinander schwierig ist. Und so war die Initiatorin insbesonders darum bemüht, dass der Austausch sich in der Vorbereitung bereits intensiv und produktiv gestaltet oder /und die TeilnehmerInnen einander kennen.
An Labor für Performance und postdramatisches Agieren 4 nahmen mit Sabina Holzer (Performerin), Marty Huber (Performancetheoretikerin), Stefan Nowotny (Philosoph) und Sabine Sonnenschein (Performerin) ausschließlich Personen teil, die bereits in Laboratorien davor involviert gewesen waren; in diesem letzten Labor sollte es zu einer Verflechtung der Stränge, entlang derer die Auseinandersetzung in den Laboren davor erfolgt war, kommen. Der kurze Text "Afformativ, Streik" von Werner Hamacher war für die Arbeit basal. Texte von Deleuze und Deleuze/Guattari über den organlosen Körper wurden ebenso einbezogen. Eine Auseinandersetzung mit dem Bezug zwischen afformativer Formierung und performativer Form sowie mit einem möglichen "Körper ohne Organisation" sollte die Definition des postdramatischen Agierens anregen.
Der Literaturwissenschaftler Hamacher bezieht sich in "Afformativ, Streik" auf Walter Benjamins Text "Zur Kritik der Gewalt", in dem es um eine Politik als reines Mittel geht und um die Zweideutigkeit der (Rechts)setzung. Laut Hamacher verhält sich die Entsetzung zur Rechtssetzung wie das afformative Ereignis zum performativen Akt. Als Beispiel für das Afformative, das Ermöglichung und Unterbrechung zugleich ist, führt er die Sprache und den proletarischen Generalstreik an.
Politische Philosophie und Bezüge zur Sprechakttheorie sollten für eine performancetheoretische und künstlerische Fragestellung im Labor produktiv gemacht werden.
Der Stundenplan der Versuchsanordnungen wurde im Labor jeweils am Vortag für den Tag darauf erstellt und war dann auf einer Website einsehbar; es wurde versucht, den gesamten Laborprozess (von zweimal jeweils sechs Tagen mit einer dreiwöchigen Pause dazwischen) öffentlich zu machen.
Das gelang nicht ganz, denn die Versuchsanordnung oK-Setting (siehe oben) konnte erst in der zweiten Woche öffentlich zugänglich stattfinden und die Festlegung des Tagesplanes für den jeweils folgenden Labortag erfolgte auch jeweils geschlossen.
Was die Aktionen bzw. Irritationen im öffentlichen Raum, die in Rahmen von Versuchsanordnungen in diesem Labor gesetzt wurden, betrifft, soll hier als Exempel die Versuchanordnung in der Mariahilferstraße erwähnt werden: Das Labor-Team wollte das laut Paragraph 78 c der Straßenverkehrsordnung verbotene "unbegründete Stehenbleiben auf Gehsteigen" thematisieren, da dieser Paragraph von der Polizei dazu verwendet wurde und wohl auch noch wird, Obdachlose oder Punks, deren Anwesenheit nach Meinung mancher GeschäftsbesitzerInnen möglicherweise den Umsatz ihrer Geschäfte verringern könnte, vom Gehsteig vor dem Geschäft zu entfernen und über sie eine Geldstrafe von EURO 70,- oder eine Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden zu verhängen. Ein Treffpunkt in der Mariahillferstraße wurde öffentlich bekannt gegeben, zu dem zu kommen alle BesucherInnen, die sich an der Entwicklung und Durchführung dieser Versuchsanordnung beteiligen wollten, eingeladen wurden.
Die Labor-TeilnehmerInnen betrieben in der Folge Recherchen über den Status quo auf der Mariahilferstraße durch Gespräche mit Obdachlosen und Punks, die zeigten, dass die Betroffenen sich über Probleme mit Geschäftsleuten wenig beschwerten. Es war wahrzunehmen, dass Obdachlosen- und Punkkleinstgruppierungen sich die Territorien in der Mariahilferstraße untereineinder klar aufteilen. Was in Anbindung an den Paragraph 78 c der Straßenverkehrsordnung passiert war und passierte, bewegte die Kleinstgruppen offensichtlich nicht zu einer Solidarisierung.
Somit wurden die Labor-TeilnehmerInnen nicht zu einer Aktion, die das verbotene "unbegründete Stehenbleiben auf Gehsteigen" thematisiert, ermutigt. Auffällig erschien ihnen auf der Mariahilferstraße allerdings der Trend hin zur Zweiersitzbank und weg von den langen Bänken, auf denen sich's gut liegen lässt und die Obdachlose auch gern dazu verwenden. Die Versuchsanordnung auf der Mariahilferstraße endete daher mit der einstündigen Aktion des Beliegens einer Zweiersitzbank durch vier Personen und einer Bank vor dem Geschäft Bernhardt, die schon einmal an einen anderen Standort transferiert worden war und dann von Punks, die sich zumeist auf dieser Bank aufhielten, zurückgetragen worden war.
Die in diesem Labor entstandene sehr spezifische Form des oK-Settings (siehe oben) soll im Rahmen eines transversalen Projektes im Jahr 2004 weiterentwickelt werden.
Weiters wurde mit einer als Walk bezeichneten während des Labors immer wieder modifizierten und weiterentwickelten Versuchsordnung im öffentlichen Raum, im TQW und im Rahmen von Soho in Ottakring gearbeitet, bei der unter Bekanntgabe eines bestimmten Treffpunktes die Teilnahme von BesucherInnen jeweils erwünscht war. Walk wurde anfänglich folgendermaßen durchgeführt: Innerhalb des zeitlichen Rahmens von einer Stunde wählt sich jeweils eine Person von einem bestimmten Ausgangspunkt aus einen Weg durch die Stadt und kommt wieder zum Start zurück; eine zweite Person folgt ihr im Abstand von fünf Metern. Jede Kommunikationsform außer der verbalen ist möglich. Welche Performativität bringt dieses Spiel mit sich? Nimmt die Umgebung wahr, was hier passiert? Was verschiebt sich in der Wahrnehmung für die TeilnehmerInnen?
Macht und Verantwortung wurden hier als Themen insbesonders wichtig, als die Versuchsanordnung so modifiziert wurde, dass jeweils eine Person vorausgeht und ihre Route wählt, eine zweite ihr in einem Abstand von fünf Metern folgt, eine dritte im Abstand von 5 Metern und so fort. Übernimmt die vorderste Person die Verantwortung für die anderen, achtet sie darauf, dass das Spiel fortgesetzt werden kann, dass niemand Schaden erleidet? Die Versuchsanordnung wurde dahingehend verändert, dass die vorderste, führende Person jederzeit von der letzten überholt und damit ersetzt werden konnte.
Schließlich wurde mit einer Distanz von drei bis fünf Metern zwischen allen am Walk Beteiligten gearbeitet; in welche Richtung es ging, wer jeweils führte, ergab sich wie bei Fisch- oder Vogelschwärmen. In dieser Form bildeten die Beteiligten einen kollektiven, hierarchielosen oK.
BesucherInnen hatten bei Labor 4 auch die Möglichkeit eines einstündigen One-to-one Termines mit einer/einem der LaborteilnehmerInnen; jede der LaborteilnehmerInnen setzte für einen solchen Termin das Regelwerk selbst fest.
Es handelte sich freilich um keine Begegnungen in Privatheit, sondern um eine spezifische Form von Öffentlichkeit, eine Öffentlichkeit ohne Marktwert.
Einladende und BesucherInnen sind immer von einander abhängig, doch kommen sie bei One-to-one Terminen einander näher als bei jeder konventionellen Form von Performance.


III.

Die ersten vier Laboratorien fanden ausschließlich sowie das letzte Labor z.T. Im_flieger statt; das fünfte Labor war im Tanzquartier Wien verortet. Beides sind 2003 Orte, die Research und damit die Weiterentwicklung von performativer Kunst ermöglichen, einerseits das TQW als hochsubventionierte reine Kunstinstitution und andererseits Im_flieger in einem Tanz-, Performance-, Theaterproberaum, der an den Raum einer politisch aktivistischen Gruppe namens VIRUS, an den Raum einer Kindergruppe sowie an den einer Hortgruppe angrenzt und Teil des WUKs ist, in dem eine Verbindung zwischen Kunst und Sozialem gelebt wird, da hier einerseits Research, Training, Kunstproduktion und -präsentation und andererseits sozialen Institutionen, Initiativen und Projekten Raum gewährt wird.
Dieses Umfeld erwies sich als inspirierender für die Laboratorien als die homogene Institution Tanzquartier, obwohl freilich der Support durch Fachleute wie die DramaturgInnen Jeroen Peeters und in der Folge Silke Bake sowie die für Theorie und das Informationszentrum Zuständigen, nämlich Martina Hochmuth und Peter Stamer, dessen Platz ab 2003 Krassimira Kruschkova einnahm, nur im TQW gegeben ist und gar nicht hoch genug geschätzt werden kann. Das TQW ermöglicht Diskurs mit zumeist hohem Niveau durch Symposien, Vortragsreihen und Vorträge, zum Teil mit direkter Bezugnahme auf aktuelle Performances im TQW. Im Tanzquartier kann auch, unterstützt durch eine umsichtige Betreuung, mit hochwertigem technischen Equipment (Videobeam, Videokamera; Minidisc-Recorder etc.) gearbeitet werden. Die sich über drei Jahre erstreckende Entwicklung einer Labor-Serie wäre im TQW allerdings nicht möglich gewesen. Das Faktum, dass das TQW quasi der repräsentative Ort für Tanz und Performance in Wien ist, belastet auch ein Labor im TQW eher. Die Verortung des Tanzquartiers im wenig lebendigen Museumsquartier scheint für die Arbeit ebenso nicht günstig zu sein.
Im_flieger kann ein Projekt finanziell und technisch bei weitem nicht so unterstützen wie das TQW, dafür besteht bei Im_flieger nur durch technische und räumliche Grundkonstanten limitierte inhaltliche Freiheit für Projekte.
Es muss auch festgehalten werden, dass sich die Architektur des Raumes Flieger für die Laboratorien als günstiger erwiesen hat als die der Studios im TQW.
In dieser Form hätte die Labor-Serie von 2000 bis 2003 an keinem anderen Ort als Im_flieger realisiert werden können.


IV.

Bei der Serie Labor für Performance und postdramatisches Agieren waren der Prozess und die Praxis des Austausches das Produkt, das heißt jedes dieser Labore ist als eigenständige Kunstform zu verstehen und nicht als Research-Arbeit, die der Vorbereitung eines Projektes dient.
Die Labore stellten Tanz- und Performance-Konventionen in Frage, indem sie Raum für unterschiedliche Formen von Partizipation schufen. Da, wo BesucherInnen nicht bloß überwältigt sind von dem, was auf sie einwirkt, kann Partizipation als Aktivität ja schon beim Nachdenken über den Rahmen des Geschehens und dessen Referenzen beginnen. Entspricht dieser Rahmen nicht der Tanz- und Performancekonvention, sind die BesucherInnen damit konfrontiert, ihre Rolle im Geschehen bestimmen zu müssen, und zwar - die Definition beweglich haltend - möglicherweise immer wieder neu. Das regt sie wohl auch zur Reflexion über die Konvention an.
Das spezielle Wissen, das TanzperformerInnen besitzen, ist eines über den Körper und über den sensiblen Umgang mit ihm. Sind es nicht gerade Formen, die mit einem physischen Teilhaben der BesucherInnen im engeren Sinn arbeiten, die BesucherInnen etwas von diesem sensiblen Umgang wahrnehmen lassen können?
In der Serie gab es von Termin zu Termin eine Weiterentwicklung, zu der alle TeilnehmerInnen beigetragen haben. Jedes Labor brachte Erkenntnisse, die für die Planung des nächsten von Relevanz waren. Die mehrmalige Teilnahme einiger hat sich als sehr produktiv erwiesen.
Die Labor-Serie ist abgeschlossen; einige, für die die Labore in ihrer Arbeit und ihrem Sein einiges verändert haben, tragen allerdings, stark infiziert, den Labor-Virus weiter.
Über den Austausch während des Labors hinaus haben sich weitere Zusammenarbeiten von LaborteilnehmerInnen ergeben, so z.B. eine Arbeit von Sabina Holzer und Boris Hauf.

Sabina Holzer, Marty Huber, Stefan Nowotny, Sabine Sonnenschein und MAIZ (Autonomes Integrationszentrum von und für Migrantinnen in Linz) planen gemeinsam das Projekt afformativ für 2004:
Das Projekt afformativ wird durch Mittelbarkeit und Mitteilbarkeit charakterisiert sein.
Das Afformative 5 ist als Unterbrechung und zugleich Ermöglichung, als Geste und Ellipse, die stillschweigend jede Handlung begleitet, zu verstehen. Das heißt konkret, dass die PerformerInnen Sabina Holzer und Sabine Sonnenschein, die Performancetheoretikerin Marty Huber, der Philosoph Stefan Nowotny und vier Frauen, die MAIZ, das autonome Integrationszentrum von und für MigratInnen, nutzen, in einer Recherche-Phase von zwei Wochen gemeinsam ein konkretes Format entwickeln werden, das dann innerhalb einer weiteren Woche realisiert werden soll.
Zielte die Labor-Serie auf partizipatorische Formen von performativer Kunst ab, so umfasst in diesem Projekt das Teilhaben bereits die Entwicklung des Vorhabens. Die Beteiligung von MigrantInnen als ProtagonistInnen und AkteurInnen an Projekten mit MehrheitsösterreicherInnen, wie dem hier beschriebenen, wird von MAIZ ausdrücklich gewünscht 6.


______________________________________
1) Das Afformative ist Entsetzung, Unterbrechung und Ermöglichung. "Afformanz ‚ist' das selber formlose Ereignis der Formierung, dem alle Formen und alle performativen Akte ausgesetzt bleiben."
(Vgl. Werner Hamacher, Afformativ, Streik; in Christian L. Hart Nibbrig: Was heißt "Darstellen"?, Frankfurt: Suhrkamp, 1994; S. 340 ff.)

2) Indem Arendt dem Sprechen und Handeln das Herstellen gegenüberstellt, hebt sie hervor, dass Sprechen und Handeln reine Mittel bzw. Selbstzwecke sind, deren volle Bedeutung sich im Vollzug selbst erschöpft. (Vgl. Hannah Arendt, Vita activa, München: Piper, S.261 ff.

3) Es handelt sich um ein freies Radio in Wien.


4)Vgl. Gilles Deleuze/Felix Guattari: 28. November 1947. Wie schafft man sich einen organlosen Körper?, in: Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie; Berlin: Merve, 1992
Gilles Deleuze: Die Hysterie, in: Francis Bacon - Logik der Sensation; München: Wilhelm Fink Verlag,1995
Gilles Deleuze/Felix Guattari: Antiödipus. Kapitalismus und Schizophrenie; Frankfurt a. M: Suhrkamp, 1977

5) "(...) die Begriffsreihe "Afformation", "Afformanz", "afformativ" [ist] in Kontrast zu "Performation", "Performanz" und "performativ"; "afformatives Ereignis" in Kontrast zu "performativer Akt" gebildet - wobei mitzuverstehen ist, dass Afformative keine Untergruppe der Performativa bilden.
Vielmehr ist afformative, also reine Gewalt die ‚Bedingung' jeder instrumentellen, jeder performativen, Gewalt und zugleich diejenige, die deren Erfolg prinzipiell suspendiert.
(...)
Was, afformativ, lässt, lässt (sich selber) aus. Das Afformative ist die Ellipse, die stillschweigend jede Handlung begleitet und jeder Sprachhandlung stumm ins Wort fallen kann. Deshalb kann sich, was afformativ >ist<, nie unter der Form der Vorstellung, einer Regel, eines Gesetzes darstellen. Während sich jede Darstellung einer Setzung verdankt und wesentlich performativen Charakter hat, wäre die Entsetzung, von der Benjamin spricht, das Afformative, keiner Darstellung zugänglich.
(...)
Der afformative Charakter der politischen Entsetzung steht also nicht in Opposition zu irgendwelchen Rechtsetzungen, er steht jenseits von Position und Opposition und liegt als unmittelbare Mittelbarkeit beiden zugrunde, ohne in ihnen seinen Ausdruck, seine Repräsentation oder seine Darstellung finden zu können.
Afformativ ist nicht aformativ, nicht die Negation des Formativen; Afformanz ‚ist' das selber formlose Ereignis der Formierung, dem alle Formen und alle performativen Akte ausgesetzt bleiben."
(Werner Hamacher, Afformativ, Streik; in Christian L. Hart Nibbrig: Was heißt "Darstellen"?, Frankfurt: Suhrkamp, 1994; S. 340ff.)

6) Seitens MAIZ besteht Interesse an dialogischen und symmetrischen Prozessen, die sich außerhalb der Logik der Opferrolle und einer eurozentristischen Perspektive entfalten sollen. (Hier ist einerseits die Betrachtung der MigrantInnen als Opfer seitens der MehrheitsösterreicherInnen und andererseits die selbstauferlegte Opferrolle und der Eurozentrismus von Minderheiten gemeint.)

   
   

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Labor für Performance und postdramatisches Agieren
Information:
sabine.sonnenschein@wuk.at
T.: +43-1-403 1048
   


Labor für Performance und postdramatisches Agieren 1
do your solo & join the group

mit
Andrea Bold (Performerin),
Jack Hauser (Performer, Musiker),
Anita Kaya (Performerin),
Amadeus Kronheim (Musiker, Performer),
Gerald Raunig (Philosoph),
Isolde Schober (Performerin),
Sabine Sonnenschein (Performerin),
Katherina Zakravsky (Philosophin, Performerin)
Öffentlicher Termin: 15.11.2000
Im_flieger / WUK; Währingerstraße 59, A-1090 Wien

Labor für Performance und postdramatisches Agieren 2
mit
Boris Hauf (Soundgestalter),
Sabina Holzer (Performerin),
Marty Huber (Performancetheoretikerin, Theaterwissenschaftlerin),
Gerald Raunig (Philosoph),
Sabine Sonnenschein (Performerin)
im März 2001
Öffentlicher Termin: 28.3.2001
Im_flieger / WUK; Währingerstraße 59, A-1090 Wien

Labor für Performance und postdrmatisches Agieren 2.2
mit
Boris Hauf (Soundgestalter),
Sabina Holzer (Performerin),
Marty Huber (Performancetheoretikerin, Theaterwissenschaftlerin),
Gerald Raunig (Philosoph),
Sabine Sonnenschein (Performerin)
im Juni 2001
Öffentliche Termine: 19. & 20.6.2001
Im_flieger / WUK; Währingerstraße 59, A-1090 Wien

Labor für Performance und postdramatisches Agieren 3.1
mit

Boris Hauf (Soundgestalter),
Sabina Holzer (Performerin),
Heike Oehlschlägel (Theaterwissenschaftlerin, freie Dramaturgin),
Michaela Pöschl (Kunsttheoretikerin, bildende Künstlerin),
Sabine Sonnenschein (Performerin)
von 14. bis 26. Jänner 2002
Öffentliche Termine: 25. & 26.1.2002
Im_flieger / WUK; Währingerstraße 59, A-1090 Wien

Labor für Performance und postdramatisches Agieren 3.2
mit
Nicole Haitzinger (Tanztheoretikerin, Theaterwissenschaftlerin),
Martin Nachbar (Performer),
Stefan Nowotny (Philosoph),
Michaela Pöschl (bildende Künstlerin, Kunsttheoretikerin),
Sabine Sonnenschein (Performerin)
von 8.- 20. April 2002
Öffentliche Termine:
19.& 20.4.2002
Tanzquartier Wien
; Museumsplatz 1, A-1070 Wien

Labor für Performance und postdramatisches Agieren 4
Eine Praxis des Austausches
mit
Sabina Holzer (Performerin)
Marty Huber (Performancetheoretikerin),
Stefan Nowotny (Philosoph),
Sabine Sonnenschein (Performerin)
Gäste für je einen Tag: Claudia Bosse, Dieter Rehberg
27. April bis 2. Mai und 26. bis 31. Mai 2003
Wien

     
   
November 2000 bis Mai 2003:
Idee, Organisation: Sabine Sonnenschein
Organisatorische Unterstützung: Eva Brantner (Juni 2001),
Marty Huber (Jänner 2002), Alexandra Vasak (April/Mai 2003)
Technische Betreuung: Monika Gruber (Juni 2001),
Erwin Breznik (Jänner 2002 u. Mai 2003), Edgar Aichinger (April 2003)
Video: instant image - laufbilder für theater / tanz / performance,
Roman Hiksch
(Labor...2, Labor...2.2, Labor...3.2 sowie Labor 4);
weiters Johanna Tatzgern (Labor...1), Bernadette Dewald (Labor...3.1),
Oleg Soulimenko (Labor...3.1 sowie Labor...3.2) sowie Michaela Pöschl und Stefan Nowotny (Labor...3.2)
Foto: Ines Nikolavcic, Niki Witoszynskyj, Marty Huber, Sabina Holzer, Sabine Sonnenschein, Stefan Nowotny


     
   

Dieses Projekt wurde realisiert durch Unterstützung von:
Stadt Wien/Kultur (Förderung für Freie Gruppen im Bereich Off-Theater und Tanz sowie Wissenschafts- und Forschungsförderung), ttp WUK, Im_flieger, WUK, Tanzquartier Wien, Bilderwerfer

     


TeilnehmerInnen:

Andrea Bold:
* 1967, A
Kam von Köln nach Wien und bewegt sich seither in den Bereichen von Tanz, Performance und klassischem Klavierspiel. Sie macht eigene Stücke, unterrichtet am Bruckner-Konservatorium in Linz und war Mitglied der Damen-Improvisation & Herren-BIGbäng (1995-1999). Ihre Ausbildung führte von Rhythmik- und Klavierstudien über zeitgenössische Tanztechniken (Release, Contact Improvisation, Klein Technique) hin zu Ballett, Yoga und Qi Gong. Sie lebte zwei Jahre in New York (Arbeit u.a. am Movement Research Institute, der Susan Klein School of Dance und am Jivamukti Yoga Center) und ist ausgebildete Craniosakral Therapeutin.

Nicole Haitzinger:
*1976, A
Tanztheoretikerin, Theaterwissenschaftlerin.
1994-2000 Studium der Theaterwissenschaft an der Universität Wien und der Publizistik und Kommunikationswissenschaften (Spezialgebiet Öffentlichkeitsarbeit und Werbung); Diplomarbeit mit dem Titel: Real-Time Composition, ein Kunstforschungsprojekt im Grenzfeld von Theater, Performance und Tanz. Seit Herbst 2000 Doktoratsstudium und Dissertation, Dissertationsgebiet: Theaterwissenschaft (Arbeitstitel: Versuch einer Phänomenologie der europäischen Tanzperformance - Terminologie Körper - Raum - Zeit), Spezialisierung auf Tanzwissenschaft. Herbst 2001: Forschungsstipendium für wissenschaftliches Arbeiten bei Prof. Dr. Claudia Jeschke an der Abteilung Tanzwissenschaft der Universität Köln.
Projekte:
1999: Wissenschaftliche Beobachterin und Recherche für das europäische Kunstprojekt "Real-Time-Composition", organisiert von Re.al in Lissabon, im Rahmen der Diplomarbeit (als Stipendiatin).
1999: Projektorientierte Mitarbeit beim Verein T Junction Gegenwartstanz und Performance (Projekt von Nigel Charnock, Hospitanz beim Projekt von Joao Fiadeiro).
2000: Tutorin an der Universität Wien/ Institut für Theaterwissenschaft bei Univ. Ass. Mag. Fuxjäger 2001: Betreuung des Projektes "Black Honey Drops", einer Kooperation von Akemi Takeya und Ko Murobushi (ImpulsTanz Festival, Museumsquartier, Wien).
2001: Begleitung und Dokumentation der Choreographischen Werkstatt "Thought, Poetry and Body in Action" von Vera Mantero bei Tanz im August in Berlin.
November 2001: Dokumentation und wissenschaftliche Begleitung des Researchprojektes "Autorschaft" mit Liz King, Philipp Gehmacher und Pilot tanzt im Tanzquartier Wien

Boris Hauf
:
*1974, UK/ A
Musiker,
studierte Cello und Klavier in London und am Konservatorium für Musik und darstellende Kunst in Wien, Saxophon am Brucknerkonservatorium in Linz und Flöte mit Katrina Emtage and Marc Grauwels. Studien bei SAMT (studio for advanced music & media technology), Linz. Darüberhinaus Auseinandersetzung mit Komposition, Instrumentierung und Kontrapunkt sowie Studium der Philosophie und Musikwissenschaft an der Universität Wien.
Konzerte/Tourneen/Festivals in Europa, Nordafrika, Lateinamerika und den USA.
Kompositionsaufträge für internationale Festivals, Konzertveranstalter, Solisten, Ensembles, Radio, TV, Film u. Theater, im In- und Ausland.
8 CD-Veröffentlichungen u.a. auf Durian, Mego und Extraplatte.
Auswahl: efzeg/ grain (durian 012), 2000 /// efzeg: (EX 361-2);1998 /// the eschelberg takes (strynx records at-n 1401-1);1998 /// fuckhead: video arena (PA 12); 1995 // /fuckhead: The Male Comedy (mego 025); 1998 /// Das Eigene, GrabenFestTage 1998: Novotny/Kurzmann/Lehn/Mütter/Hauf- Josef & Josef. Unsere Automaten (Josef Novotny) (EX-1304-2); 1998
Internationale Preise.
Gründer von efzeg (http://efzeg.klingt.org), Gründungsmitglied von pull my daisy, Mitglied von ensemble 68 und nouvelle cuisine. Konzerte und Aufnahmen mit fuckhead. Zahlreiche Kooperationen. Zusammenarbeit mit Vera Mantero (P) bei "Um estar aqui cheio" und mit Sabina Holzer, Litó Walkey und Marty Huber bei "der Ort des Begehrens ist, wo der Traum brüchig wird". Beteiligung am Improvisationsprojekt "not to know" von Andrew Harwood und Benoit Lachambre bei "ImPulsTanz", Wien.

Jack Hauser:
* 1958, A
Studium elektroakustischer Musik 1983-85.
Experimentelle Arbeiten mit diversen Medien im supercontext.
Kollektive Kunst mit David Ender, Lux Flux, Miryam van Doren, Luther Blissett & Carte de tendre.
Mitglied des Invisible College & der Austria Filmmakers Coop.

Sabina Holzer:
*1966, A
Performerin,
arbeitet in den letzten Jahren hauptsächlich in kollaborativen Settings, in denen sie eigene Arbeiten entwickelt und in Projekten mitarbeitet, die von anderen internationalen KünstlerInnen initiert werden. Zwischen 1999 und 2004 hat Marty Huber auf verschiedene Arten mit mir zusammengearbeitet, einerseits als Dramaturgin und andererseits als Performerin Weitere Arbeitsverbindungen, die sich über längere Zeiträume erstrecken, sind enstanden mit: Sabine Sonnenschein (Initiatorin der Laborserie "Labor für Performance und postdramatisches Agieren" seit 2001); Jeroen Peeters (Mitgestalter eines Salon über das Zusammenspiel von Bewegung und Sprache 2003/2004 Wien/Brüssel); Fabian Chyle (COAC Prod.) (D); Vera Mantero (P) 2001/2002 in unterschiedlichen Projekten in Berlin, Brest und Lisabon, Toxic Dreams( A) und davor Bilderwerfer (A) (im Zuge dessen Zusammenarbeit mit der dänischen Performance Gruppe Hotel ProForma).
Die von Sabina Holzer entwickelten Arbeiten (vorwiegend Solos und Duette) hat sie bis dato meist auf unterschiedlichen Festivals gezeigt: roomdances (I); Image (dietheater Wien, A),; moving mime (NL); mimos (FR); Pandora (A). Sie verbindet in ihrer Arbeiten ihren Hintergrund von "physical theatre" und ihr Studium von zeitgenössischem Tanz an der Hoogeschool voor de Kunsten Amsterdam / school voor new dance developement. Ihr Interesse gilt körperlichen Repräsentationen und Ausdrucksweisen in unterschiedlichen performativen Kontexten.
In der Vielfalt der Auseinandersetzungen ihrer künstlerischen Arbeit, sucht Sabina Holzer eine Praxis, die sie immer wieder mit unterschiedlichen Menschen und deren Erfahrungen konfrontiert, wodurch sie herausgefordert wird, Wahrgenommenes als Performerin zu kommunizieren und in unterschiedliche gesellschaftliche Zusammenhänge zu stellen.

Marty Huber:
*1973, A
Performancetheoretikerin, Theaterwissenschaftlerin, freie Dramaturgin.
Lebt in Wien.
Studierte Theaterwissenschaft in Wien und Performance-Theorie in New York und Los Angeles.
Obfrau des Rosa Lila Tip, der Beratungs- und Informationsstelle für Lesben und Schwule, Gründungsmitglied der Forumtheatergruppe "seitenweXel", ehemalige Mitarbeiterin von MAIZ (Linz) in Verbindung mit dem Spracherwerbs- und Kulturprogramm. Queer Activist und interessiert an Zusammenhängen von Performance und Politik.
Arbeiten als Dramaturgin, Kritikerin und Textproduzentin in Kollaborationen mit Sabina Holzer, Sabine Sonnenschein, Barbara Kraus, Jeroen Peters u.a.
Sie arbeitet an ihrer Dissertation, "Gender-Politik-Performance. Ein Ost-West-Vergleich von Ideologie und Performance."

Anita Kaya:
* 1961, A
Choreographin, Tänzerin, Performerin.
Studien in experimentellem Theater und zeitgenössischem Tanz in Österreich, Deutschland und New York (Auslandsstipendien des BMWFK 92&95), Ausbildung in bewegungsanalytischem Tanz und Bewegungsnotation; seit 1984 als Tänzerin/Performerin in zahlreichen Produktionen tätig (z.B: T-Junction-Projekt mit Nigel Charnock); 1988 Gründung von OYA-Produktion, seither Künstlerische Leitung, Choreographie und Tanz; Präsentation von Tanz-Projekten (u.a. TSURU TSURU, BACKSPACE) in Österreich und auf Festivals in Ungarn, Deutschland, New York, Italien, Mexiko und Finnland; Produktion von Tanz-Videos; Zusammenarbeit mit Künstlern im Bereich Tanz, Theater,
Film/Video, Fotografie und Musik; Mitglied des Butterfly Effect Networks.

Amadeus Kronheim:
* 1963, A
Wechselt beständig die Lager von Schauspiel, Musik und Tanz. Aufgewachsen in Linz, Irland und dem Mühlviertel lebt er in Wien und arbeitet(e) dort mit verschiedenen Gruppen der freien Tanz- und Theaterszene: u.a. mit dem Carpa Theater, Lux Flux, Miki Malör und der Damen-Improvisation & Herren-BIGbäng. In den letzten Jahren ist er verstärkt als tanzender Nichttänzer tätig: Magazin mit allen Haremsfallen (1996),Charley's Tanten (1997), drüsch - enthaart & gemäht (1999), hüpfen zentral (2000). Temporäres Studium der Musikwissenschaft und Elektroakustik, Tontechniker.

Martin Nachbar:
*1971, D
Performer.
1992-1996 Studium an der SNDO (Amsterdam) mit Diplomabschluß. 1995 Studien und Performances in New York.
1996 Performer in "eat, eat, eat" von Hans van der Broeck mit Les Ballets C. de la B. / Gent.
1997-1998 Performer in "better a blip than a blop" von Martin Butler für das National Ballett in Amsterdam. Erarbeitung von "undressed" und "photographic memory"; beide Performances werden erstmals in Amsterdam gezeigt; Erarbeitung von "corrupt patience", performance installation, gezeigt in der Gallerie "UI" / Amsterdam.
1998 -1999 Studium bei PARTS / Brüssel.
1999 Performer in "aviation/abreviation" von Schiyo Takahashi in Antwerpen. Er wird Teil von B.D.C.; gemeinsame Arbeit an "events for television (again)" von Tom Plischke und B.D.C. 2000 Erarbeitung von "ReKonstrukt" (Premiere im LOFFT, Leipzig). Rekonstruktion von Dore Hoyers "Affectos Humanos" für "affects/rework" von Joachim Gerstmeier, Martin Nachbar und Tom Plischke (Premiere im Mousonturm, Frankfurt).
2001 Performer in "re(sort)" von Tom Plischke.

Stefan Nowotny :
*1968, A
Philosoph.
Lebt in Brüssel und Wien. Abgeschlossenes Diplomstudium der Philosophie an der Universität Wien, Doktoratsstudium an der Universität Wien. derzeit: PhD-Kandidat an der Universität Löwen (Louvain-la-Neuve), Belgien. Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: Theorie des Kulturkonzepts, Kulturalismus- und Rassismustheorie, politische Philosophie, Theorie der Öffentlichkeit, Phänomenologie.

Co-Herausgeber der Bände "Michel Henry. Zur Selbsterprobung des Lebens und der Kultur", Alber 2002 (gem. mit Rolf Kühn) und "Grenzen des Kulturkonzepts. Meta-Genealogien", Turia + Kant 2003 (gem. mit Michael Staudigl) ; diverse Vorträge in akademischen, Kunst- und Erwachsenenbildungsinstitutionen; freie Kulturarbeit und theoretische Mitarbeit an Kunstprojekten (z.B. Vortragsperfomance gem. mit der Sängerin Agnes Heginger im Rahmen der Veranstaltung "rushhour" an der Kunsthalle Wien, 1997, Grundlagen- und Konzeptionsarbeit für das Filmprojekt "Altes Haus. Szenen einer Erinnerung" von Friedemann Derschmidt); politisch-aktivistische Arbeit im Rahmen der Projekte "gettoattack" und "Wiener Wahl Partie"; Gründung der School for Theoretical Politics (Wien) gemeinsam mit Boris Buden, Oliver Marchart und Hito Steyerl, in diesem Rahmen Workshop "Zero Point der Politik" an der Wiener Akademie der bildenden Künste, 2001, sowie Konzeption und Organisation des Symposiums "Cultural Touch" im Rahmen der Wiener Festwochen, 2001 ("du bist die welt", Künstlerhaus Wien); 2001 - 2003 Fellow an der Universität Löwen (Louvain-la-Neuve), Belgien; Vorstandsmitglied des European Institute for Progressive Cultural Policies (Wien). Teilnehmer an Labor für Performance und postdramatisches Agieren 3.2.

Heike Oehlschlägel:
*1966, D
Theaterwissenschaftlerin, freie Dramaturgin, studierte Biologie, Umweltberatung, Theaterwissenschaft, Germanistik und Psychoanalyse. Körperschule durch asiatische Kampfkunst, vor allem Shotokan-Karate. Theater-Workshops, praktische Projekte und Produktionen u.a. mit Christof Nel, Josef Szeiler, Saburo Teshigawara, Theodoros Terzopoulos, Manfred Wenninger. Je nach Arbeitssetting Mitglied bzw. leitende Dramaturgin der freien Theatergruppe K.Kommando in Frankfurt. Arbeitet zur Zeit im Rahmen des Graduiertenkollegs "Zeiterfahrung und ästhetische Wahrnehmung" an ihrer Dissertation "Präsenz und Kommunikation - Zur Konstituierung von Gegenwart auf dem Theater Einar Schleefs"
.

Michaela Pöschl:
*1970, A
Kunsttheoretikerin, bildende Künstlerin, lebt in Wien.
1990-1999 Universität Wien, Studium der Kunstgeschichte, Spezialgebiete: Body Art, Avantgarde-Film.
1995-96 University of California Los Angeles, Exchange Student, Arbeit mit Paul McCarthy, Amelia Jones und Peter Sellars. Seit Okt 2000 Studium von Film/Video bei Birgit Hein an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Seit Okt 2001 Studium bei Renee Green an der Akademie für Bildende Künste Wien.
Publikationen:
"Der Körper muss hart sein / I tense the muscles in my stomach till I puke", in: Swamp Journal, Hg. Helmut Ploebst, Zusammenarbeit mit Meg Stuart/Damaged Goods, Wiener Festwochen und tanz2000.at, Wien 2000.
"Kurt Kren. Die Aktions-Filme. Schnitt und Perversion", Tectum Verlag, Marburg, Herbst 2000.
"Lets make it Halloween. Get out your knife, carve me like a pumpkin and then lets fuck. Thoughts on the flesh of Kurt Kren, Paul McCarthy and Ron Athey, in: Kurt Kren, Ausstellungskatalog, Galerie Julius Hummel, Wien 1998.
Performances in u.a. der Richard Heller Gallery und der CalState Fine Arts Gallery (1996), in dietheater Konzerthaus (1997) und dietheater Künstlerhaus (2000).
Videos: u.a. "Der Schlaf der Vernunft" (1999), "Ich bin der letzte Dreck" (2000), Ausstellung/Exhibition (2001).

Gerald Raunig:
* 1963, A
Philosoph, Kunsttheoretiker, lebt in Wien.
Lehrauftrag für politische Ästhetik am Institut für Philosophie der Universität Klagenfurt / A und im Fach Kunst- und Bildwissenschaften an der Universität Lüneburg /D.
Co-Direktor des eipcp (European Institute for Progressive Cultural Policies), Wien.
Koordinator des transnationalen Research Projektes republicart.
Mitglied des EFAH (European Forum for the Arts and Heritage), Brüssel.
Herausgeber der Zeitschrift Kulturrisse. Zahlreiche Lectures, Essays und Publikationen über Kunsttheorie, politische Ästhetik, Kulturpolitik and Politik der Differenz.
Aktuelle Bücher:
Charon. Eine Ästhetik der Grenzüberschreitung, Wien: Passagen 1999
(Hrsg.) sektor3/kultur. Widerstand, Kulturarbeit, Zivilgesellschaft, Wien: IG Kultur Österreich 2000
Wien Feber Null. Eine Ästhetik des Widerstands, Wien: Turia + Kant 2000
Kunst und Revolution. Künstlerischer Aktivismus im langen 20. Jahrhundert, Wien: Turia + Kant 2005; republicart Bd. 4

Isolde Schober:
* 1960, A
Choreographin, Performerin, Tänzerin; diplom. Shiatsu Praktikantin.
Studien im Bereich Tanz, Schauspiel, Stimme, Improvisation in Wien, Florenz, New York; Auslandsstipendien des BMfUK. Studium der Architektur/Technische Universität Wien.
Seit 1989 Zusammenarbeit mit in- und ausländischen ChoreographInnen/ PerformerInnen/ Gruppen in Österrreich, Dänemark, Frankreich, USA, Schweiz u.a. mit Nina Martin/ New York und Adéle Riton/ Strasbourg.
1990 Gründung von IZIS PRODUCTIONS, Eigenproduktion von Solo- und Duo-Performances.
Gründungsmitglied der Damen-Improvisation & Herren-BIGbäng (1994).
Seither intensive Erforschung von Improvisation als Performancemedium.

Sabine Sonnenschein:
* 1970, A
(Tanz)performerin, Choreographin.
Studium der Theaterwissenschaft neben Philosophie und Kunstgeschichte in Wien, nicht abgeschlossen.
Tanz- und Performanceausbildung: Contemporary Dance, Klassisches Ballett, Contact Improvisation, Release Techniques, Developmental Movement, Physical Theatre sowie Stimmarbeit (u.a. bei David Steele, Zvi Gotheiner, Andrew Harwood, Donna Uchizono, Jeremy Nelson, Shelley Senter, Gill Clarke, Wendell Beavers, Lloyd Newson, Meg Stuart, Meredith Monk).
Studienaufenthalt in NYC 1994/95, gefördert vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.
1995 Teilnahme am European Choreographic Forum 4 in Dartington/GB, org. vom Butterfly Effect Network. Mitglied dieses Networks. U. a. Preis "The Wind" - for innovative and experimental features given to the body - anläßlich des "5th PUF Pula International Theatre Festival", 1999, Pula/Kroatien für die Produktion "EXEO".
Seit 1996 Teilhaben an der basisdemokratisch organisierten "tanztheaterperformance WUK", die in Selbstverwaltung über drei Proberäume und einen Büroraum im WUK verfügt, sowie als ttp-Delegierte im WUK-Forum seit 1996.
Beteiligung an der offenen Plattform "performing resistance" (2000/2001).

Eigene Arbeiten seit 1992; Performances u.a. bei internationalen Festivals, wie "Im Puls Tanz" (Wien), "imagetanz" (dietheater Künstlerhaus, Wien), "neuer tanz" (WUK, Wien), "Tanzsprache" (WUK, Wien), "kostprobe" (Tanztendenz, München), "Sprachen des Körpers" (Stuttgart), "4+4 Days in Motion" (Prag), "5th PUF International Theatre Festival" (Pula; Croatia), "Solo Dance 2001" (St.Petersburg); außerdem in der "Knitting Factory" (NYC) sowie im "Alten Stadthaus" (Berlin; im Rahmen einer Kooperation).
Initiatorin des Labors für Performance and postdramatisches Agieren (2000-2003), das u.a. sowie insbesondere gemeinsam mit Marty Huber (Performancetheoretikerin), Sabina Holzer (Performerin), Stefan Nowotny (Philosoph) und Gerald Raunig (Philosoph) weiterentwickelt werden konnte. Die Berührung zwischen Körper und Text, die Verbindung von Kunstpraxis und Theorie(produktion), der Konnex zwischen Kunstschaffen und Wissenschaft waren in diesem Projekt intendiert. Bei Labor für Performance und postdramatisches Agieren 4, das den Abschluss der dreijährigen Labor-Serie bildete, wurde anhand von Versuchsanordnungen (wie Walks, One-to-one-Termine, Aktionen im öffentlichen Raum, im Performance-Studio, in Institutionen und Lokalen) daran gearbeitet, postdramatisches Agieren, das sich durch fließende Übergänge zwischen performativer Aktion, Partizipation und Rezeption auszeichnet, näher zu fassen. Ausgehend von der Hinterfragung von Rezeptionskonventionen bei performativen Kunstformen, wurde Labor 4 ein transversales Projekt, in dem die Form des Austausches der TeilnehmerInnen im Kollektiv etwas entstehen ließ, das in sich über die Felder (das Feld der Performance, das der Philosophie, das der Performancetheorie und das des politischen Aktivismus bzw. der Politik) hinausging und das Potential hat, in den Feldern etwas zu verschieben bzw. möglicherweise die Felder zu transformieren.
Teilnehmerin an Labor für Performance und postdramatisches Agieren 1, 2, 2.2, 3.1, 3.2 sowie 4.

Katherina Zakravsky:
* 1965, A
Philosophin, Kulturtheoretikerin, Performerin, Autorin;
spezialisiert auf Immanuel Kant, Walter Benjamin, Film und Gender Theorie.
Neben zahlreichen Publikationen: "Heilige Gewänder", Wien 1994
Performt als Kv, kooperierte mit Lux Flux (Wien) und Saira Blanche Theatre (Moscow).

   


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Weiterscheitern. Es gibt kein Jenseits der Repräsentation. Oder?
Lecture/Arbeitstext zum Labor für Performance und postdramatisches Agieren 2.2, Ende Mai 2001, redigiert Anfang Juli 2001
von Gerald Raunig


Differenz und Wiederholung ist nicht einfach eine Platitüde, habe ich meinen unverstanden gebliebenen Text bei der letzten Labor-Performance 1 begonnen, kein Allgemeinplatz, kein Wortgeklingel, sondern ein radikales Konzept, das den Terror der Repräsentation durchbrechen will. Was soll aber ein Durchbrechen der Repräsentation heißen, solange wir uns im Raum der idealen Repräsentation, der Darstellung und der Vorstellung, der Vertretung des Realen, im Theaterraum befinden?


1.
Bevor ich auf dieses Thema der Repräsentation im engeren Sinn eingehen will, möchte ich den Kontext noch etwas erweitern und darauf hinweisen, daß mindestens drei Bedeutungen des Begriffs Repräsentation zu unterscheiden, besser: aus einander zu entwickeln sind: Vertretung, Darstellung, Vorstellung (Ich folge hier im wesentlichen einem Kulturrisse-Text von Mark Terkessidis 2):
Zunächst heißt der Begriff Repräsentation, dass etwas durch etwas anderes ersetzt wird, das dessen Stelle einnimmt. Der erste Bestandteil von Repräsentation ist daher Vertretung. Als Beispiel für diesen Wortsinn führt Terkessidis die sich verändernde Bedeutung von Repräsentation als Vertretung in den politischen Systemen der Moderne an: Mit der Einführung des Absolutismus begann der Herrscher, das ganze Volk in seiner Person zu vertreten. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts begann dieses Volk schließlich, sich selbst zu vertreten oder besser: vertreten zu lassen - durch gewählte Abgeordnete im Parlament.
Diese Art der Vertretung zog den zweiten Bestandteil von Repräsentation gleich nach sich: die Darstellung. Vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgte auf die Einführung der Volksherrschaft auch gleich ein Prozess der staatlich betriebenen kulturellen Homogenisierung. Hier ging es um die umfassende Verkörperung des Volkes in einheitlicher Schriftsprache, Traditionen, Medien, Bauten, Fahnen, Münzen usw. Tatsächlich sollten hier Gemeinschaften geschaffen werden, die vorher in dieser Form nicht existierten. Dafür hat Benedict Anderson den Begriff der "imagined community" geprägt.
In dieser Umschreibung versteckt sich schließlich das dritte Element von Repräsentation, welches Vertretung und Darstellung umschließt: Die Vorstellung oder, mit Jacques Lacan, das Imaginäre. Lacan verdeutlichte den Begriff vor allem mit dem "Spiegelstadium" des Kleinkindes - mit jenem jubilatorischen Moment, in dem sich das Kind erstmals im Spiegel selbst erkennt. In diesem Augenblick schweißt das Kind seinen heterogenen "zerstückelten Körper" durch die imaginäre Wahrnehmung der eigenen Einheit zu einem Ich im Freudschen Sinne zusammen. Dieser Vorgang lässt sich auch in einem größeren Zusammenhang als Metapher für die Repräsentation der nationalen Gemeinschaft lesen: Tatsächlich funktioniert die Vertretung des Volkes eigentlich nicht; die Bevölkerung bleibt sozial, sexuell und kulturell ein "zerstückelter Körper". Die Mitglieder des Volkes müssen daher stets aufs Neue dazu bewegt werden, sich als Einheit, als nationale Identität wahrzunehmen. Dies geschieht durch die Produktion eines imaginären Überschusses: Dazu wird ein Spiegel verwendet, manchmal auch der Spiegel des bürgerlichen Theaters.
Deleuze sieht diese drei Bedeutungen der Repräsentation nun aneinander gebunden, als "Elemente und Momente dessen, was man eine Repräsentation nennt: ihr System von Identität und Differenz, von Verdopplung und Reflexion, der ihr eigene Raum einschließlich jener wesentlichen Leerstelle, die die Figur bezeichnet, für die die gesamte Repräsentation da ist, in welcher sie sich selbst repräsentiert, ohne je als Person in ihr anwesend zu sein - jene Leerstelle, die "der Platz des Königs" ist." 3
Der Raum der Repräsentation ist also ein Raum, in dem Wahrnehmung als Festmachen von Übereinstimmungen funktioniert, als Identifikation, als Angleichung und Hierarchisierung. Statt vertikal angeordnete Intensitäten erscheint ein hierarchisch angeordnetes Tableau, ein Raster von Ähnlichkeiten.


2.
Postdramatisches Agieren kann und wird wahrscheinlich erst dort beginnen, wo die Schwelle überschritten ist, in einem Grenzraum zwischen dem Repräsentierten und dem Realen. Wie aber ist ein solcher Grenzraum vorzustellen, wenn alles Reale gleichzeitig auch schon Repräsentation ist?
Beginnen wir bei Deleuzens schon in "Differenz und Wiederholung" formulierten Konzept der gesprengten Repräsentation: "Die Vorherrschaft des Identischen in der Repräsentation ist zusammengebrochen. Der Mensch ist von einem wesentlichen Unterschied durchzogen; so als stünde er von Rechts wegen unter einem Gesetz der Entfremdung, ist er durch die Wörter, die Arbeit und das Begehren von sich selbst getrennt. Und in dieser Revolution, die die Repräsentation sprengt, muß das Gleiche sich vom Anderen her bestimmen, nicht länger die Differenz sich dem Gleichen unterwerfen..." 4
Deswegen haben wir, respektive Marty, auch in der Performance zu Labor 2.2. an den Grenzen des Performanceraums, auf der weißen Mauer, eine Fluchtlinie gezogen. Eine Fluchtlinie, die das System von Identität und Gegensatz zerstören, die tendenziell keinen Anfang, kein Ende, keinen Ursprung, kein Ziel haben soll. Diese Fluchtlinie ist zugleich ein Grenzraum, in dem die Differenzen oszillieren, kollidieren, sich im agonistischen Wettstreit bewegen, in einem permanenten gegenwärtigen Werden; jedenfalls eine konkretisierte und in die weiße Mauer eingeschriebene Antwort auf Deleuzens Frage: "Was ist das, eine weiße Mauer, Wand, Projektionsfläche; wie kann die Mauer geschliffen, eine Fluchtlinie hindurchgezogen werden?" 5
Beim konkreten Fluchtlinienzeichnen kam es zuerst zu Störungen der Rezeptionshaltung, dann zu Übergängen von Rezeption/Repräsentation in Aktion, wenn die Aufgabe des Fluchtlinienzeichnens übergeben/übernommen wurde. Bis hierher ist die temporäre Aufhebung der Repräsentation schon in Labor 2. gelungen, wir können also von einzelnen Bruchlinien der Repräsentation sprechen: "Was zählt, sind nicht bloß die zwei gegensätzlichen Lager mit ihrer Konfrontationslinie; was zählt, ist ebenfalls die Grenze, über die alles passiert und auf einer anders orientierten molekulären Bruchlinie davonzieht." 6 "Schöpferisch tätig wird man immer nur auf einer Fluchtlinie, gewiß nicht, weil man da seiner Einbildungskraft freien Lauf ließe oder kühne Träume ausheckte, sondern ganz im Gegenteil, weil man da Reales absteckt und einen Konsistenzplan entwirft. Fliehen, ja, doch im Fliehen nach einer Waffe

suchen..." 7



3.
Aber es reicht nicht, auf der Suche nach einer Waffe einfach nur kleine Verfremdungseffekte zu erzeugen, die das Reich der Repräsentation einer kurzen Störung unterwerfen, gerade der repräsentative Rahmen des Theaterraums muß mannigfaltiger gestört, dekonstruiert werden. Das Ausbrechen aus dem Raum der Repräsentation ereignet sich theroetisch überall dort, wo Situationen nicht mehr dargestellt, sondern hergestellt werden. 8
"Jetzt vermag man die Differenz und die Wiederholung zu denken. Nicht sie sich vorzustellen, sondern sie herzustellen und auszuspielen. Auf dem Gipfel seiner Intensität ist das Denken selber Differenz und Wiederholung. Es läßt auseinanderfallen, was die Repräsentation zu vereinen sucht... Es geht nicht mehr um die Frage: Was unterscheidet sich wovon? Welche Arten grenzt die Differenz ab und welche größere anfängliche Einheit teilt sie auf? Es geht darum, die Analogie oder die Identität als Überdeckung der Differenz und der Differenz der Differenz zu denken; und die Wiederholung ohne Ursprung und nicht als Wiederkehr des Selben zu denken." 9
Postdramatisches Theater ist dann nicht ein Theater als perfekter Raum der Repräsentation, sondern ein "Theater des Jetzt" 10 , des gegenwärtigen Werdens, ein Theater nicht des Events, sondern des Ereignisses, ein Theater nicht des Schauspielens, sondern des Ausspielens von Differenzen, ein Theater nicht der Repräsentation, sondern der Aktion, der Intervention, ein Theater, das Situationen nicht darstellt, sondern sie herstellt.
In den Performances zu Labor 2.2. ist dieses postdramatische Agieren mit seiner Fluchtlinie, die den Zwischenraum zwischen Realem und Repräsentiertem öffnet, vor allem dort realisiert, wo das Publikum gewahr wird, sich in verschiedenen Räumen der Repräsentation zu bewegen:
Der topologisch gleiche Raum der Performance hat im ersten Teil, in dem einzelne RezipientInnen in Face-to-face-Situationen in das Bewegungsmaterial der PerformerInnen eingeführt werden, völlig andere repräsentative Funktion als im zweiten Teil, in dem eine relativ herkömmliche Bühnensituation erzeugt wird. Spätestens im dritten Teil, wenn sich der Raum in einen Chillout-Space verwandelt, sollte aufgezeigt sein, dass sich nicht nur die Position der RezipientInnen, sondern auch die Funktion des Raumes in Bezug auf verschiedene Repräsentationsformen verändert.


4.
Meinen Labor 2.-Text aus dem WUK-Beisl habe ich beendet mit den Sätzen: "Wir haben uns aus dem Staub gemacht, performen auf der Fluchtlinie in einen anderen Raum, wir sind real in einem anderen Raum. Und wenn Sie überprüfen wollen, ob dieser unser Anruf auch wirklich jetzt stattfindet, müssen auch Sie den Rahmen der Performance verlassen und sich ins WUK-Beisl begeben. Aber selbst dann ist nicht gesichert, daß Sie den Rahmen der Performance verlassen haben. Damit öffnet sich schließlich nicht nur ein Grenzraum zwischen Repräsentiertem und Realem, nicht nur ein räumlicher Übergang zwischen dem Hier des Theaterraums und dem Hier des Beisls, ... sondern auch eine zeitliche Fluchtlinie aus der Dichotomie zwischen dem Rahmen der Performance und dem Danach. Das Danach hat schon begonnen."
Wie schon Titel und Text andeuten, ist ein Verlassen des Rahmens der Performance schwer zu erreichen, gar nicht wahrscheinlich räumlich, sondern eher, am Beispiel von Labor 2, durch die zeitliche Achse, die das Ende verschwimmen, die Repräsentation quasi in die Aktion der RezipientInnen ausrinnen läßt, am Beispiel von Labor 2.2. darüberhinaus in der verstärkten
(Meta-)Wahrnehmung des Theaterraums als Raum der unterschiedlichen Repräsentationen.
Und ansonsten gibt es kein Jenseits der Repräsentation, nur ein Abarbeiten an den Ausmaßen der Repräsentation, ein Dekonstruieren der Konstruktionen von Repräsentation, ein stetiges Suchen nach Überlagerungen, ein Aufklären, ein Verunsichern, ein Erzeugen von möglichst vielen Aktivierungen, ein paralleles Aufbrechen des Zusammenhangs von Rezeption und Repräsentation in der und durch die Aktion.

______________________________________
1) Labor für Performance und postdramatisches Agieren 2, WUK - Im Flieger, 28 03 2001
2) Mark Terkessidis, Vertretung, Darstellung, Vorstellung. Der Kampf der MigrantInnen um Repräsentation, in: Kulturrisse 01/01, S.47-49
3) Deleuze über Foucaults Die Ordnung der Dinge (Der Mensch, eine zweifelhafte Existenz), in: Deleuze/Foucault, Der Faden ist gerissen, S.13
4) Deleuze über Foucaults Die Ordnung der Dinge (Der Mensch, eine zweifelhafte Existenz), in: Deleuze/Foucault, Der Faden ist gerissen, S.16
5) Deleuze/Parnet, Dialoge, S.25
6) Deleuze/Parnet, Dialoge, S.142; vgtl. auch mein Konzept "Spacing the Line", z.B. in Charon. Eine Ästhetik der Grenzüberschreitung, S.11-15
oder Wien Feber Null. Eine Ästhetik des Widerstands, S.99-107
7) Deleuze/Parnet, Dialoge, S.147
8) Vgl. die Hegelkritik in Raunig, Charon. Eine Ästhetik der Grenzüberschreitung, etwa S. 119-121
9) Foucault über Differenz und Wiederholung (Der Ariadnefaden ist gerissen), in: Deleuze/Foucault, Der Faden ist gerissen, S.10f.
10) Foucault über Differenz und Wiederholung (Der Ariadnefaden ist gerissen), in: Deleuze/Foucault, Der Faden ist gerissen, S.12

   
   
   

 

 

 



Fotos:
Labor für Performance und postdramatisches Agieren 2.2.
(c) Niki Witoszynskyj

 



Videostills
von
Labor für Performance und postdramatisches Agieren 2:

 
 

 

 


Fotos:
Labor für Performance und postdramatisches Agieren
3.1
(c) Niki Witoszynskyj